Mit Frankenkönig und Kaiser Karl dem Großen (768 - 814) und der Einbindung der unterworfenen Sachsen ins fränkische Reich erreicht der christliche Glaube auch das Aftetal. In der einst sächsischen Kleinsiedlung Andepen auf dem Boden des heutigen Leiberger "Bruchs" in der Talaue soll eine heidnische Kultstätte am Berghang über dem Aftetal frühestens 800 nach Christi einer christlichen Kirche gewichen sein. Spätestens mit dem Paderborner Bischof Meinwerk (1009 - 1036) dürfte die christliche Gemeinde Andepen, die zuvor zum Sprengel Hallinghausen gehörte, mit dem Aufstieg des Klosters Abdinghof zur eigenständigen Pfarrei erhoben worden sein: Ihr wird auch der kleine Ort Fornholte zugeordnet. Ein Kirchengebäude in Andepen ist allerdings erst in einer Bestätigungsurkunde zu Gunsten des Klosters Abdinghof vom 7. Mai 1146 ("andepo cum ecclesia") erstmals bezeugt. Die Andeper Kirche wird dem Patronat des Heiligen Johannes des Täufers zugeschrieben.
Die vollständige Zerstörung der Siedlung Andepen während der mittelalterlichen Wüstungsvorgänge in verheerenden Raubritterfehden, die hierzulande in der "Bengeler Fehde" blutige Höhepunkte finden, besiegelt etwa 1390/91 auch das traurige Schicksal der Kirche von Andepen samt Pfarrhaus auf dem "Nollen": Nur weithin sichtbare Ruinen halten noch Jahrzehnte die Erinnerung an die einstige Andeper Kirchenherrlichkeit wach.
Mit der Neugründung des Dorfes Leiberg 1490 durch Johann Graf von Westphalen ist zunächst noch kein Neubau einer Kirche verbunden. Der kleine Ort wird der benachbarten Pfarrei Wünnenberg angegliedert. Glaubenskämpfe und -wirren wie Reformation und Gegenreformation mit erheblichen Turbulenzen im katholischen Paderborner Land bieten kein gutes politisches Klima für eine junge Kirchengemeinde auf dem Weg in die Eigenständigkeit. Der 30-jährige Krieg mit einer für Leiberg verlustreichen Pestepidemie (1635) mit angeblich 400 Opfern lähmt und erstickt zunächst jegliche Hoffnungen wenigstens auf den Bau einer Kapelle. So treten Leiberger Gläubige jahrhundertelang den weiten Weg zum Kirchgang nach Wünnenberg an.
Das Ende der qualvollen Pesttragödie, in der sicherlich auch die Fürsprache des Heiligen Rochus als Schutzpatron gegen Pestausbruch erbeten wird, bringen Überlebende und Nachkommen mit dem Heiligen Bartholomäus in Verbindung, der auch Kapellenpatron der mit Andepen wüstgefallenen Ansiedlung Fornholte (heute Pestfriedhof) gewesen sein dürfte. Die Bartholomäus-Verehrung mit einstiger Armenspeisung am 24. August steht bis zur Gegenwart in Leiberg in hoher Blüte.
Der erste Bau einer vermutlich hölzernen Kapelle in Leiberg nahe der heutigen Pfarrkirche fällt ins Jahr 1703. Den Altar weiht Abt Gregor von Abdinghof am 24. Juni 1703 dem Heiligen Johannes und lässt damit Beziehungen zum alten Andepen aufleben. Die Zugehörigkeit zur Mutterpfarrei Wünnenberg bleibt unberührt. Auch Ansätze einer allgemeinen Schulpflicht im Fürstbistum Paderborn könnten zum Bau dieser Kapelle geführt haben, um in ihr die Dorfjugend in Religion zu unterweisen.
Die bescheidene Kapelle fällt schon am 6. Mai 1726 beim Leiberger Großbrand in Schutt und Asche. Doch bereits sieben Jahre später ruft nach dem Wiederaufbau des Dorfes und einer Siedlung in der Talaue (Bruch) eine neue Kapelle aus Stein an gleicher Stätte zum Gebet. Nach dem verheerenden Brand von 1726 erfolgt in Leiberg ein Patronatswechsel: Die neue Kapelle ist der Heiligen Agatha, Schutzpatronin auch gegen Feuersbrünste, geweiht.
Das Fürstbistum Paderborn kommt nach dem Tod des Lehrers Engelbert Gröne (1734), der die dörfliche Schuljugend in seinem Privathaus in der "Schulstube" unterrichtet, der Bitte der Gemeinde Leiberg auf Errichtung einer Schulvikarie nach. Zum 18. März 1740 wird Leiberg zur Vikarie erhoben, in der fortan bis zum preußischen Kulturkampf 1877 Schulvikare Seelsorge und Schulunterweisung verbinden. Als erster Leiberger Schulvikar darf Ferdinand Middendorf (1740 - 1752) an Sonn- und Feiertagen außerhalb der Hochfeste in der Kapelle Gottesdienste feiern und Andachten lesen. Weite Kirchwege nach Wünnenberg bleiben den Gläubigen aus Leiberg weitestgehend erspart. Seit Januar 1828 werden Verstorbene aus Leiberg auf einem eigenen Friedhof im Heimatort bestattet. Zuvor wurden sie in Wünnenberg beigesetzt.
Etwa 125 Jahre lang versucht Leiberg (erstmals 1795) mehrfach, eine Trennung von der Wünnenberger Pfarrherrlichkeit herbeizuführen. Die Errichtung einer eigenständigen St.-Agatha-Pfarrei scheitert zunächst wiederholt an wirtschaftlichen Fragen oder an der politischen Großwetterlage, aber auch am Widerstand aus Wünnenberg: Leiberg muss weiterhin ein Drittel aller Pfarrkosten in Wünnenberg bezahlen.
Auch der Bau der heutigen Pfarrkirche von 1864 bis 1868, die "Bekennerbischof" Konrad Martin am 30. April 1868 konsekriert, führt nicht sofort zur ersehnten Abpfarrung von Wünnenberg. Letztlich verhindern auch Auswirkungen des Kulturkampfes die Eigenständigkeit: Die politische Gemeinde muss fortan auch weltliche Lehrer besolden, so dass die Finanzkraft nach dem Bau der neuen Kirche, einer Vikarie (1855) und einer Schule (1888) nahezu erschöpft scheint.
Die heutige Pfarrkirche im neugotischen Stil kölnischer Prägung wird wie etliche Kirchen im Bistum Paderborn nach den Plänen des Paderborner Diözesan-Architekten Arnold Güldenpfennig (1830 - 1908) mit Materialien, die überwiegend in Leiberg "gebrochen" werden, gebaut. Das neue Gotteshaus besteht aus einer dreijochigen Halle mit Kreuzrippenwölbung und einem Turm. Das Kirchenschiff mündet im Altarraum in ein schmales Chorjoch mit Fünf-Achtel Chorschluss. Eigenleistung, Spenden, Kredite und auch Haussammlungen in Westfalen bringen die Kosten von rund 20 000 Talern auf. Eine Erweiterung der offenbar baufälligen Kapelle von 1733 hatten die Gemeindeväter ebenso wie einen neuen Kirchen-Standort nahe des heutigen Friedhofes an der Nahtstelle zwischen den Siedlungskernen "Dorf und Bruch" verworfen. Zwei Häuser weichen dem neuen Kirchenhaus, das zum Wahrzeichen von Leiberg geworden ist. Die alte Kapelle wird 1866 abgerissen.
Seit Errichtung der Vikarie (1740) haben 24 Vikare in Leiberg als Seelsorger und viele Jahre auch als Schulmeister gewirkt. Der letzte Vikar vor Erhebung zur Pfarrei ist Bernhard Jürgens (1910 - 1958), dem nach jahrelangen Verhandlungen zum 1. September 1921 die Trennung von der Mutterpfarrei Wünnenberg gelingt. Priestermangel im Erzbistum Paderborn führt zur Bildung von Pastoralverbünden: Leiberg bleibt eine eigenständige Pfarrgemeinde, wird zum 1. Januar 2002 aber dem Pastoralverbund Wünnenberg zugeordnet.
Mit dem Bau eines neuen Pfarrhauses (1977) und Pfarrheimes (1984 eröffnet) sowie einem 1989/90 neu gestaltetem Kirchplatz bietet Leiberg im Ortskern ein kirchliches Zentrum, das dem Gemeindeleben einen breiten Gestaltungsraum ermöglicht.
Heute rufen in der mehrfach renovierten St. Agatha-Pfarrkirche die Johannes-Glocke, Bartholomäus-Glocke und Agatha-Glocke zum Gebet. Diese drei Glocken verbinden mit vertrauten Klängen eine bewegte Geschichte aus Andepen, Fornholte und dem neuzeitlichen Leiberg.
Gott segne Leiberg!
Leiberg, im Frühjahr 2002